Kann man Glauben lernen?

Die Sprache der Maschinen spricht der IT-Administrator Willi Schiegel schon lange fließend. In seiner Fortbildung zum Geistlichen Begleiter lernte er schließlich auch, die richtige Sprache für Menschen zu finden, die ihre Beziehung zu Gott vertiefen oder wiederfinden wollen. Er selbst hat einen Kirchenaustritt und einen Wiedereintritt hinter sich.

Die Kirche, Evangelische Wochenzeitung für Berlin, Brandenburg, 9.1.2019

AUSZUG

Das Büro von Willi Schiegel in der Nähe des Hochhauses der Charité ist karg eingerichtet: ein Schreibtisch mit einem Computer. An der Wand ein Regal mit Büchern über Programmiersprachen wie Java. Nachdem ihm in seinem Leben „der erste und zweite brennende Busch im biblischen Sinne“ passiert sei, habe er bei Google die Suchanfrage „Kann man glauben lernen“ eingegeben. Der IT-Administrator, der aus der Kirche aus- und inzwischen wieder eingetreten ist, landete bei der von der EKBO angebotenen Fortbildung zum Geistlichen Begleiter.

Anfangs sei er skeptisch gewesen, ob das wirklich etwas für ihn sei, gesteht der 54-Jährige. Doch die Spiritualitätsbeauftragte Andrea Richter, die das Ganze leitet, habe ihn bestärkt. Die Fortbildung soll Menschen nach einer alten seelsorgerlichen Tradition dazu befähigen, andere auf ihrem Glaubensweg zu begleiten und offen zu sein für ihre Fragen und Zweifel.

Als wir uns in einem Café in der Friedrichstraße treffen, wirkt Willi Schiegel wie jemand, der mit sich im Reinen ist. Geholfen habe ihm dabei die Praxis des Herzensgebets, die er in den drei Jahren der Schulung für sich entdeckt habe, sagt der frisch gebackene Geistliche Begleiter. Jeden Morgen nehme er sich gleich nach dem Duschen dafür zwanzig Minuten Zeit. „Glauben ist für mich Beziehungspflege zwischen Gott und mir“, erklärt er.

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