Jede sechste in Deutschland geschlossene Ehe ist inzwischen binational. Worin liegen die besonderen Möglichkeiten und Schwierigkeiten einer deutsch-arabischen Beziehung? Gibt es eine unterschiedliche Liebessemantik der Kulturen, eine verschiedene Auffassung dessen, was als Liebe verstanden wird?
DeutschlandRadio Berlin, 19.11.2004, 10:00 min.
AUSZUG
Musik von dem ägyptischen Sänger Mohamed Mounir, CD „Rote Lippen“, Song Lola Sahar, Voiceover:
Oh Liebster! In schlaflosen Nächten bist du mein Mondschein.
Oh Liebster! Um deine Liebe zu kosten, erleide ich Wunden der Liebe.
Oh Liebster! Mein Augapfel!
Sähe ich dich, meine Liebesglut verwandelte sich in Süße.
Die in Berlin lebende Syrerin S. H.: „Habibi ist mein Liebling, und was ich gern eigentlich sage ist dann elbi oder ajouni. Elbi ist Mein Herz und ajouni Meine Augen. Mein Mann macht immer‘n Scherz daraus. Wenn ich sag ajouni, sagt er „Juni, Juli, August“ (lacht) Für ihn war das auch schwer zu verstehen: Warum denn „Meine Augen“ und so, ne? Das sind dann meine Lieblingsworte.“
Ethnologe Steffen Strohmenger: „Wenn ich Orangen kaufen gehe auf dem Markt, dann sagt der auch zu mir: Ente habibi – Du bist mein Liebling! Also, Schatz kann man auch sagen, jakansi. Mein Schatz. Janua hajeti – du Licht meines Lebens. Ja arla ben hajeti – Du, die du mir teurer bist als das eigene Leben. La min achlemi – Du, die du süßer bist als meine Träume.“
Oh Liebste! Der Mond kommt und geht, doch du bist fern.
Der Mond ist traurig und die Nacht nicht süß.
Ohne dich, meine Liebste, ohne dich!
Du bist mein schönster Mond.
Nicht nur Sprache und Poesie, auch die Rolle der Frau, die Bedeutung der Religion und das Verhältnis von Gemeinschaft und Individuum sind in der deutschen und der arabischen Gesellschaft sehr verschieden. Vor allem am Anfang gebe es viel zu erklären und immer wieder Neues hinzuzulernen, sagt die Syrerin S. H., die ihren Mann bei Siemens in Damaskus kennen gelernt hat und seit acht Jahren mit ihm und dem kleinen Sohn in Deutschland lebt:
„Zum Beispiel als wir in Syrien noch da waren, dann war dann halt schwer für meinen Mann zu akzeptieren, dass wir dann halt Rücksicht nehmen mehr auf die anderen als auf uns selbst. Zum Beispiel, wenn wir dann bei meinen Eltern da waren zu Besuch und dann kamen relativ spät andere Gäste und mein Mann hatte dann am nächsten Tag Arbeit und er wollte relativ früh ins Bett gehen und ich hab ihm dann versucht zu erklären: Das geht halt nicht, weil die Gäste gerade gekommen sind. Du musst ein bisschen mit denen bleiben oder so, das war dann für ihn halt irgendwie ungewohnt.“
Für sie, die in einem christlich-liberalen Elternhaus in Syrien aufgewachsen ist, sei immer klar gewesen, dass sie keinen traditionellen arabischen Mann heiraten und berufstätig sein würde. Was sie in Deutschland vermisst, ist der große arabische Familienverband – dafür hat sie einen emanzipierten Mann, der mit ihr den Haushalt schmeißt:
„Wir sind jetzt hier alleine. Von der deutschen Seite, meine Schwiegereltern sind auch sehr weit weg. Sie wohnen auf der Insel Usedom, das heißt, wir sind ganz alleine und deshalb könnte ich mir vorstellen, das wäre ganz schwer mit einem arabischen Mann, das zu schaffen, weil wir müssen beide viel tun, was den Haushalt betrifft. Also beim Abwaschen, Spülmaschine alles, Wäsche aufhängen alles eigentlich – Er hilft sehr.“
Der deutschen Theaterwissenschaftlerin, nennen wir sie Martina Zeder, haben an ihren palästinensischen Partnern ganz andere Dinge gefallen:
„Ein Freund konnte sehr gut arabisch tanzen. Er hat dann wirklich mal einen Abend für mich getanzt und mir hat das gefallen, mich mit dieser Kultur zu beschäftigen. Außerdem, sie haben sich sehr gepflegt, ihren Körper, sie haben sehr schöne Körper. Sie haben beide sehr viel Sport gemacht. Und es ging aber dann noch sehr viel weiter. Sie hätten niemals eine Zigarette geraucht, sie haben keinen Alkohol getrunken, nicht nur auf Grund des Korans, sondern auch wirklich aus Körperpflege. Das fand ich sehr angenehm. Es ist auch angenehm, wenn Männer keine Fahne haben.“